A Couple of Couples
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The International Nothing // Barbara Romen und Gunter Schneider

Sunday, 20 May, 2012 - 21:00

A Couple of Couples

Michael Thieke
Kai Fagaschinski
Kai Fagaschinski
Michael Thieke
Barbara Romen und Gunter Schneider

The International Nothing
Kai Fagaschinski – Klarinette, Komposition
Michael Thieke – Klarinette, Komposition

Helmut Lachenmann: Salut für Caudwell - für zwei Gitarristen (1977)
Barbara Romen – Gitarre
Gunter Schneider – Gitarre

 

A Couple Of Couples möchte nicht nur durch die offenkundige Symmetrie der Anordnung überzeugen, sondern vor allem zwei (ursprünglich drei, aber dafür reichte die bewilligte Förderung nicht) Entwürfe zeitgenössischer Musik in ein wohlgesetztes, musikalisch begründetes Spannungsverhältnis stellen.

Mit emsiger Ruhe geht The International Nothing ans Werk. Die Ruhe ist jedoch von Spannung durchzogen und fordert ein intensives Hören. Die Mehr(als zwei)stimmigkeit des Klarinettenduos gehört zu ihrem Charakterzügen, wenn auch Fagaschinski und Thieke ausschließlich auf ihre beiden Klarinetten als Klangerzeuger zurückgreifen und sich stattdessen einem verfeinerten Vokabular aus Mehrklangtechniken bedienen. Das harmonische Spektrum verengt sich bei ihnen oftmals auf Mikrointervalle. Resultierende Schwebungen und Additionstöne werden hier nicht als Trickkatalog missbraucht, sondern äußerst subtil und punktgenau eingesetzt. Sie sind Teil einer gleichermaßen persönlichen, wie originellen musikalischen Sprache. Die offenkundige Zurücknahme zielt auf eine Reichhaltigkeit im Detail. In den Kompositionen des internationalen Nichts verschmelzen die Klarinetten zu einer zarten, stereo-phonen Klangskulptur, die Assoziationen zu elektronischer Musik weckt.
Im Rahmen eines 40 minütigen Sets werden u.a. zwei Werke uraufgeführt an denen derzeit noch mit Eifer gearbeit wird.

Daneben steht ein radikaler Klassiker aus Helmut Lachenmanns Frühwerk: Salut für Caudwell. Auch Lachenmann setzt hierin auf einen hohen Verschmelzungsgrad der beiden Instrumente und vernachlässigt Dialogisches zu Gunsten eines „akustischen Panning“ als Gestaltungsmerkmal. Ähnlich wie das Panoramisieren beim Mischen im Tonstudio läßt Lachenman musikalisches Material zwischen den beiden Gitarristen wandern. Ein Aspekt den „der Salut“ mit den Werken von The International Nothing gemein hat. Wo das Klarinettenduo langgezogene Tonmodulationen verwendet, setzt Lachenmann auf kurze, oft perkussive Klänge und erreicht damit Effekte, wie man sie heute beispielsweise in den Arbeiten eines dem minimal techno zuzuordnenden Ryoji Ikeda findet.
Im Salut kommen auch die Stimmen der beiden Instrumentalist(inn)en zum Einsatz. Die beiden Gitarrist(inn)en rezitieren einen Text von Christopher Caudwell als exakt durchrhythmisierten Sprechgesang. Auch wenn dies nicht den Tatsachen entspricht, die Vorstellung, daß Lachenmann 1977 mit seinem Salut für Caudwell den Rap erfand ist ein verlockender Gedanke.
Romen und Schneider spielen „den Salut“ schon seit vielen Jahren. Ihre Interpretation besticht einerseits durch die unbedingt nötige Präzision und Akribie, aber auch durch einen tatsächlich mitreißenden Drive, der dem für Lachenmann’sche Verhältnisse ungewohnt rhythmischen Werk eine Brisanz und Sinnlichkeit verleiht, die keinen Staub ansetzten lässt.

Die Zusammenstellung der Werke versteht sich auch als kleiner Appell an den Spielbetrieb der Neuen Musik. Wann kann man schonmal einen Lachenmann in Berlins führendem Underground-Club hören? ... und in bisschen Street-Crebility steht ihm gut. Das halb-autodidaktische und akademie-ferne The International Nothing war schon auf einigen Neue Musik-Festivals zu hören. Dort gibt es spätabendliche Spezialreihen, wo auch mal die „Schmuddelkinder“ ran dürfen. Nun, das ist keine schlechte Plattform, aber das Wohlwollen der „aufgeschlossenen“ Veranstalter trägt unter kritischer Beleuchtung auch diskriminierende Züge, weil es die Hierarchie der akademischen Welt bedient und zementiert.
A Couple Of Couples will, daß sich die Neuen Musiken aus unterschiedlichen Milieus und Produktionskontexten auf Augenhöhe begegnen. Status und akademische Weihen sollen das Hören nicht vorsortieren.
Schreihalsige Konfrontation oder modischer Eklektizismus sind dabei jedoch überzeugtermaßen nicht Thema der Veranstaltung, vielmehr steht das Anliegen im Vordergrund drei, nein leider nur zwei Entwürfe zeitgenössischer Kammermusik von eigener Qualität und Relevanz zu präsentieren, die zum feinsinnigen Hören einladen.

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