SonarQuartett
Wednesday, 08 April, 2009 - 22:00
SonarQuartett
Berlin im Quadrat
Das SonarQuartett spielt:
Georg Katzer: "tempi fragili" (2003)
Kirsten Reese: "Kapsel" (UA)
Johannes Kreidler: "complement deformation browser" (UA)
Enno Poppe: "Tier" (2002)
zu "tempi fragili" von Georg Katzer:
Georg Katzer, geb. 1935 in Habelschwerdt, Schlesien, studierte Komposition (Rudolf Wagner-Regeny und Ruth Zechlin) in Berlin (Ost) und in Prag. Danach Meisterschüler von Hanns Eisler. Im Jahre 1978 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin. Seit 1963 lebt K. als freischaffender Komponist in und bei Berlin. Er ist Mitglied der Akademie der Künste von Berlin-Brandenburg und der Freien Akademie Leipzig, sowie der Akademie der Elekroakustischen Musik in Bourges.
"tempi fragili, mein viertes Streichquartett beschränkt sich auf die klassische Grundkonstellation der Gattung, (keine Scordatur, keine Elektronik, keine Verteilung der Musiker im Raum) pendelt episodisch zwischen gehen und innehalten, Statik und Dynamik, mechanistischem Leerlauf und rabiaten Ausbrüchen, behandelt die Zeit als gebrochenes Diskontinuum, bis gegen Ende jegliche Koordinierung aufgegeben wird und am Schluß jeder für sich allein sphärisch klingende Flageoletts spielt."
zu "Kapsel" von Kirsten Reese:
"In diesem Streichquartett kommen die Klänge im wesentlichen aus Lautsprechern und die Musiker spielen nur stumm dazu. Die Klänge stammen dennoch von den Musikern, weil sie sie nach einem Katalog an angefragten Streichklängen aufgenommen haben. Und auch das stumme Spiel produziert Geräusche, stellt aber gleichzeitig eine Distanz zu dem Erklingenden her. Die gleichzeitige Distanz und Präsenz der Musiker und Klänge ist der Gegensatz, der mich interessiert."
zu "complement deformation browser" von Johannes Kreidler:
Johannes Kreidler wurde 1980 in Esslingen geboren und studierte von 2000 bis 2006 bei mathias spahlinger, Mesias Maiguashca und Orm Finnendahl sowie bei Ekkehard Kiem. Seit 2003 beschäftigt er sich auch mit Experimentalfilm und elektronischer Improvisation. Er war Teilnehmer an Meisterkursen bei Helmut Lachenmann, Brian Ferneyhough, Richard Barrett und am IRCAM Paris. Seit 2006 unterrichtet er Musiktheorie, Gehörbildung und Elektronische Musik an der Hochschule für Musik und Theater Rostock und am Hochbegabtenzentrum der Musikhochschule Detmold. 2008 erregte er größeres Aufsehen durch eine Kunstaktion, bei der er für die Anmeldung eines 33sekündigen elektronischen Stückes mit 70200 Fremdanteilen bei der GEMA mit 70200 Formularen in einem Laster vorfuhr. 2008/09 ist er ausgewählter Komponist für das Internationale Kompositionsseminar der Ensemble Modern Akademie. Johannes Kreidler lebt in Berlin. Seine Musik bezieht meist computergestützte Verfahren und elektroakustische Mittel ein. [www.kreidler-net.de]
"Ein Jugendwerk, mit dem ich 2004 den deutschen Hochschulwettbewerb im Fach Komposition gewann, das die ausrichtende Musikhochschule Frankfurt aber nicht im Stande war beim Preisträgerkonzert zu spielen.
Die Idee des Stückes ist, verzerrte Symmetrien auf allen erdenklichen Ebenen zu komponieren: Eine Bewegung wird durch Umkehrung "komplettiert", aber diese Ergänzung immer deformiert, wodurch das Geschehen weitergeht; ein Typus der entwickelnden Variation. Beispielsweise geht ein Glissando aufwärts und danach abwärts, aber die Abwärtsbewegung in anderem Tempo, und diese Tempoänderung wird als nächstes wieder auszugleichen versucht, aber wieder mit einer Abänderung, usw.
Von diesem rein strukturellen „Tonsatz“-Ansatz bin ich mittlerweile abgekommen; Semantiken die von außen entliehen werden („Musik mit Musik“), Einsatz von digitaler Technik und politische Aktionskunst mit Musik stehen heute im Mittelpunkt meiner kompositorischen Arbeit. Künftige Stücke sollen aber wieder die Möglichkeiten der „absoluten“ Musik aufgreifen."
zu "Tier" von Enno Poppe:
"Ein Tier: lebt, bewegt sich. Lebt nach Gesetzmäßigkeiten, die wir analysieren können, aber nicht begreifen. Hat seinen eigenen Rhythmus, sein Tempo. Bewegt sich, schläft. Sucht Nahrung, reagiert. Wartet, bewegt sich. Stirbt ohne Drumherum.
Ein Quartett: das mäandert. Ist schwer, weil ständig die Bezugsgrößen wechseln. Kein Rubato, sondern verschieden lange rhythmische Zellen. Kein Tonsystem, sondern wandernde Zentralnoten, vierteltönig rutschend und springend. Glissandi und Vibrati überall. Jeder Ton ist ein Lebewesen."